Lugano & McSorley – eine komplizierte erste Saison

5.4.2022 - Von Maurizio Urech

Trotz drei Toren im Schlussdrittel, die aber zu spät kamen um die Niederlage gegen den EVZ abzuwenden, war die Saison des HC Lugano letzte Woche vorzeitig zu Ende. Eine Saison mit vielen Höhen und Tiefen und einem roten Faden: die Verletzungen.

In vielen Spielen als die Bianconeri komplett antreten konnten, sah man schon die Handschrift vom neuen Trainer Chris McSorley. Unter ihm spielt Lugano ein aggressives Forechecking und man sucht den direkten Weg vom eigenen zum gegnerischen Tor.

Die Saison begann trotz der Umstellungen gut. Ende September lag man auf Rang sieben in Tuchfühlung mit den Teams auf den vorderen Rängen, doch dann folgte der Horror-Monat Oktober. Es begann mit der schweren Verletzung von Stammgoalie Niklas Schlegel im Derby, welches man 4:3 nach Penaltyschiessen in Ambri gewonnen hatte. Er fiel für zwei Monate aus und es sollte nicht das einzige Mal bleiben, dann fiel auch Daniel Carr mit einer Gehirnerschütterung bis Ende November aus, dazu fehlte auch Romain Loeffel seit dem 18. September nach einer Gehirnerschütterung, die er im Training erlitten hatte. Beide fielen ebenfalls zwei Monate aus. Dazu fehlte seit dem 21. September auch Troy Josephs der erst am 19. Oktober zurückkehren sollte.

Die Zahlen sprechen eine deutliche Sprache: Von möglichen 52 Spielen bestritt Niklas Schlegel nur 25. Troy Josephs 38, Romain Loeffel 33 und Daniel Carr 29.

Die Konsequenzen war verheerend. Lugano musste nicht nur Spieler aus Biasca ins Kader holen, sondern auch eigene Junioren und bestritt einige Spiele mit nur zwei ausländischen Feldspielern, was dazu führte, dass die wenigen Schlüsselspieler forciert wurden und Ende Oktober waren diese platt. Lugano verlor 11 von 14 Spielen und verlor die entscheidenden Punkte im Kampf um eine direkte Playoff-Qualifikation und nach der Olympiapause verlor man die entscheidenden Direktduelle.

Dass man in den Pre-Playoffs den letztjährigen Playoff-Finalisten Genf-Servette mit Klassespielern wie Tömmernes, Filpulla und Winnik ausschaltete, war nicht selbstverständlich.

In den Playoffs-Viertelfinals traf man auf den amtierenden Schweizer Meister EV Zug, der eine Klasse für sich war und zeigte, dass Klasseteams die «schlechte» Angewohnheit haben auch Spiele selbst dann für sich zu entscheiden, wenn man nicht unbedingt besser ist, wie etwa im ersten Spiel. Ein Sieg Luganos hätte aber nichts am weiterkommen des EVZ geändert, aber es hätte etwas mehr Spannung gebracht.

Nach einer Saison zieht man auch Bilanz von welchen Spielern man mehr hätte erwarten können und welche die Erwartungen erfüllt haben.

Die grösste Enttäuschung war ohne Zweifel der dänische Nationalstürmer Mikkel Boedker, der nach 18 Treffern in der Vorsaison mit nur vier Toren eine katastrophale Saison spielte, in der er nie eine Leaderrolle vor allem in den schwierigen Momenten übernehmen konnte.

In der Verteidigung war zweifellos Samuel Guerra der grosse Negativpunkt. Von einem Spieler mit der Erfahrung von fast 600 Spielen in der NL darf man viel mehr erwarten. Er war weder defensiv zuverlässig, noch konnte er offensiv Akzente setzten und stand am Schluss mit null Toren und mickrigen sieben Assist da.

Auch Bernd Wolf hatte eine schwierige Saison. Er setzte sich wohl selber zu sehr unter Druck und vergass dabei seine Hausaufgaben zu machen, was nichts anders heisst als das eigene Tor zu verteidigen und Zweikämpfe im Slot zu gewinnen. Von beiden muss in der nächsten Saison definitiv mehr kommen, ansonsten droht die Versetzung auf die Tribüne.

Von den Neuzugängen spielten Verteidiger Santeri Alatalo und Stürmer Calvin Thürkauf eine überragende Saison. Beide waren Leader dieser Mannschaft.

Die jungen Goalies Thibault Fatton und Davide Fadani konnten wertvolle Erfahrungen sammeln. Leider wurden sie von der Mannschaft nicht immer unterstützt. Vor allem Fatton hat gezeigt dass er in ein paar Jahren zum Stammgoalie von Lugano werden kann.

Zum Thema Torhüter noch eine kuriose Statistik: Lugano holte den kanadischen Goalie Leland Irving, der nur sieben Spiele bestritt und dabei nur gegen die SCL Tigers und den HC Ajoie gewann und vor allem war er der einzige Goalie, der in dieser Saison mit Lugano ein Tessiner Derby verlor.

Natürlich ist das Kader für die neue Saison noch nicht komplett. Alessandro Chiesa gab seinen Rücktritt bekannt (er wird für die Juniorenabteilung des HCL arbeiten), Alessio Bertaggia wechselt zu Genf und Romain Loeffel zum SCB.

Mit Calle Andersson hat man den Sohn von Legende Peter Andersson zurückgeholt. Unter McSorley muss er sich vor allem defensiv steigern, bevor er seine offensiven Qualitäten ausspielen kann.

Im Sturm hat man mit Marco Müller einen Stürmer geholt, der den Konkurrenzkampf erhöhen wird und mit Jeremi Gerber und Stéphane Patry stossen zwei junge, hungrige Spieler zum HC Lugano.

Laut Sportchef Hnat Domenichelli wird Lugano noch einen ausländischen Verteidiger und einen ausländischen Center holen und eventuell holt man noch einen weiteren Stürmer.

Chris McSorley kann sicher den HC Lugano nächste Saison wieder zu einem Spitzenteam formen, die Mannschaft hat das Potential dazu muss aber sicher konstanter in den Leistungen werden.