Die Schweizerinnen an der Olympiade 2006 gegen Finnland. Foto: Thomas Oswald (Auf Bild klicken für MMS)



Fraueneishockey: Alles schon entschieden?

Von Urs Berger

Wenn ein Tag nach der Eröffnungsfeier in Vancouver das Frauenturnier beginnt, sind die Favoriten klar. Die USA und Kanada werden vermutlich das Turnier unter sich ausmachen. Ihre schärfsten Konkurrenten, die Schwedinnen, werden versuchen eine Überraschung zu erreichen. Und die Schweizerinnen wollen besser abschneiden als der letzte Rang. In der Olympiaserie schaut hockeyfans.ch heute auf das vierte Olympische Frauen-Eishockey-Turnier, und das zweite mit Schweizer Beteiligung nach Turin 2006.

Glaubt man den Prognosen aus der Heimat des Eishockeys werden die Kanadierinnen auf dem zweiten Platz abschliessen und den USA den Titel der Olympiasiegerinnen nach Hause nehmen. Um den dritten und vierten Platz streiten sich Finnland und Schweden. Vielleicht können auch noch die Russinnen ein Wort mitreden. Doch dann? Dann wird es eng um die folgenden Plätze. Mit der Slowakei, China und der Schweiz balgen sich gleich drei Teams um den begehrten sechsten Platz. Und letzter möchte keiner aus diesem Trio werden. Der Ausgang des Turniers kann also kaum richtig vorhergesagt werden. Ähnlich wie vor vier Jahren in Turin, als auf einmal das Finale nicht USA gegen Kanada hiess, sondern Kanada gegen Schweden. So gesehen würde es dem Fraueneishockey nur gut tun, wenn es wiederum nicht zu einem Finale der beiden Top-Nationen kommen würde.

Auch China will mindestens Platz sechs

An den kommenden Spielen geht es aber nicht nur um die Zukunft des Fraueneishockeys. Es geht auch um gute Platzierungen und um Punkt für die Weltrangliste. In dieser steht das Fraueneishockey aus der Schweiz auf dem zurzeit ausgezeichneten fünften Platz. Zehn Punkte hinter der Schweiz folgt Russland. Und mit einem kleinen Abstand die Chinesinnen. Speziell auf China müssen in diesem Jahr die Schweizerinnen aufpassen. Denn China will auf alle Fälle unter die besten sechs Teams vorstossen. Dies versprach der neue Nationalcoach Hannu Saintula dem chinesischen Verband. Doch ob dies so einfach werden wird? Denn auch Russland will nach vorne stürmen und die Schweizerinnen unter allen Umständen hinter sich lassen. Und so Punkte in der Weltrangliste gut machen. Punkte, welche für die Einteilung der nächsten Weltmeisterschaften wichtig sein können und so eine womöglich einfachere Gegnerschaft an den Weltmeisterschaften bescheren würde.

Schweizerinnen wollen das Diplom

Für die Frauen-Nationalmannschaft wird das Turnier nicht einfach werden. Das Team unter der Führung von Nationaltrainer René Kammerer wird mit Kanada und Schweden auf zwei Teams treffen, welche normalerweise nicht in Reichweite der Schweizer sind. Allerdings hatten die Schweizerinnen ihren letzten Ernstkampf gegen Schweden an der WM vor zwei Jahren mit etwas Glück für sich entscheiden können. Mit der Slowakei trifft man im letzten Spiel der Vorrunde auf einen Gegner, der erstmals überhaupt in der Weltelite vertreten ist. Die Slowakei stieg in den letzten Jahren aus der drittklassigen Division 2 in die Topdivision auf. Nun bestreiten sie die ersten Olympischen Spiele. Und für sie ist es eine wichtige Erfahrung, welche sie machen kann. Erfahrung, welche die Schweiz eigentlich genügend haben sollte. Denn mit unter anderem Kathrin Lehmann, Florence Schelling oder Julia Marty sind Spielerinnen im Kader, welche über Erfahrung an den Olympischen Spielen verfügen und sich von den äusserlichen Umständen nicht ablenken lassen werden. All diese Erfahrung kann im Spiel um den dritten Gruppenrang für die Schweizerinnen ein Vorteil sein. Sollte man nach der Vorrunde auf dem dritten Platz liegen, dann würde man auf den Viertplatzierten der Gruppe B treffen und ums Olympische Diplom spielen. Dieser wird vermutlich aus dem Duo Russland/China stammen. Oder doch nicht?

Gruppe B ist ausgeglichen

Die Gruppe B scheint auf dem Papier die ausgeglichenste zu sein. Sind in der Gruppe der Schweizerinnen die Kanadier und die Schweden klar die Favoriten, scheint dies bei der Gruppe B nur auf die USA zu zutreffen. Finnland gilt als Favorit auf den zweiten Rang, während Russland und China sich einen spannenden Kampf um die hinteren Positionen liefern dürften. Die Russinnen wollen allerdings unter allen Umständen unter die ersten vier Vordringen. Und die Chinesinnen wollen versuchen, das gleiche zu erreichen, um noch besser dazustehen und ihrem Fraueneishockey einen Schub zu verliehen. Denn in China spielen nur gerade 150 Frauen Eishockey. Und das Ziel der Regierung ist, dass man diese Sportart fördern kann, was wiederum dem Fraueneishockey zu Gute käme.

hockeyfans.ch wird in den kommenden Tagen auf die Olympischen Winterspiele in Turin hinausblicken und euch vor Ort in Vancouver mit Berichten, News und Fotos versorgen von den Eishockey-Turnieren der Männer und Frauen.