Entlassung von Kenta Johansson – die richtige Entscheidung?

Von Maurizio Urech

Als die Verpflichtung von Kenta Johansson, einem der Baumeister des Grande Lugano der 80-er Jahre, bekannt wurde, hatte man die Hoffnung, dass es für die Bianconeri endlich eine Saison ohne Nebengeräusche geben könnte. Eine, in der man endlich nur über die sportlichen Resultate spricht anstatt über unerfreuliche Nebengeräusche.

Man sprach vor der Saison von einem langjährigen Projekt, das man mit dem Schwedischen Erfolgstrainer (1 Titel und 1 Playoffinal mit HV 71) starten wollte. Bewusst setzte man dabei auch die Saisonziele bescheiden mit der Qualifikation für die Playoffs, was bei einigen Experten Kopfschütteln hervorrief, aber wenn man sich vor Augen führte, was in den letzten Jahren beim HC Lugano passiert war, sicherlich ein realistisches Ziel.

Doch nach 44 Spielen in der Qualifikation scheint dies alles vergessen zu sein. Wie bei der Entlassung von Zanatta wird man das Gefühl nicht los, man habe wieder einmal die falsche Entscheidung getroffen und nichts aus den Fehlern der Vergangenheit gelernt.

In primis musste Johansson eine Mannschaft übernehmen, die nicht er zusammengestellt hatte. Er musste also zuerst die diversen Charakteristiken der Spieler kennenlernen, bevor er überhaupt eine neues Spielsystem und eine neue Mentalität einführen konnte. Der einzige Spieler, der von ihm nach Lugano geholt wurde, Johan Akerman, konnte die Erwartungen nicht erfüllen, doch dies allein kann kein Grund für seine Entlassung sein.

Wenn man nüchtern den Saisonverlauf des HC Lugano analysiert, stellt man fest, dass Johansson mit diversen Problemen zu kämpfen hatte. Zuerst war die Formschwäche von David Aebischer, welche zu Saisonbeginn einige Punkte kostete. Dann begannen die Probleme in der Verteidigung mit dem Ausfall von Petteri Nummelin, hinter dessen Fitness auch heute noch ein grosses Fragezeichen steht. Nicht zu vergessen die Verletzungen von drei Centern gleichzeitig – Sannitz, Conne und Romy – und noch frisch in Erinnerung was am Spengler Cup mit Devereaux passiert ist.

Trotz all dieser Probleme gelang es Johansson die Mannschaft nach einem Oktober-Loch mit neun Niederlagen in Folge wieder zu stabilisieren und über den Strich zu hieven. Damit war er ja im Soll und man dachte schon er könne in Ruhe weiterarbeiten.

Leider war dies eine trügerische Sicherheit. Bald zeigten sich zwei Schwächen in der Garderobe: zuerst ein Hang zur Bequemlichkeit und Überheblichkeit. Nach einigen Siegen lehnte man sich zurück und verlor ein paar Spiele unnötig, die es erlaubt hätten den Anschluss an die vorderen Mannschaften herzustellen und einen Sicherheitsabstand zum Strich zu schaffen. Dazu wurde es offensichtlich, dass es innerhalb der Mannschaft an richtigen Leadern fehlt. Jemand, der es versteht die Mannschaft mitzureissen wenn es nicht läuft. So kam es, dass man leichtfertig Punkte gegen Teams unter dem Strich (2x Lakers, Biel und SCL Tigers) verschenkte. Oder anders ausgedrückt: die Mannschaft besteht aus lauter Indianern und ein Häuptling fehlt, auch wenn die Kaderliste anderes vermuten lässt.

Aufgrund dieser (subjektiven) Tatsachen wäre es eigentlich nur logisch gewesen, wenn man die Spieler in die Verantwortung genommen hätte, schliesslich liegt es an ihnen die eingebrockte Suppe wieder auszulöffeln. Stattdessen hat man den Spielern wieder ein perfektes Alibi für ihre schwachen Leistungen geliefert.

Wieso man sich für diese Variante entschieden hat, ist nur schwer nachzuvollziehen, denn man wusste ja genau wie Johansson als Trainer funktionierte. Oder waren vielleicht die schönen Wort zu Saisonbeginn nur Schall und Rauch und man glaubte nicht wirklich an das „Projekt Johansson“?

Normalerweise wenn man von einem Trainer überzeugt ist, dann hält man an ihm fest und lässt ihn in Ruhe weiterarbeiten, anstatt wieder einmal überschnell zu handeln, da man ja nie wirklich das Gefühl hatte, die Mannschaft spiele gegen den Trainer.

Die wahren Gründe kennen wohl nur die Verantwortlichen. Auf alle Fälle hat man sich mit dieser Massnahme viele Probleme beschert. Mit Johansson hätte man in Ruhe die kommende Saison planen können, während man jetzt unter enormen Zeitdruck steht. Erstens um einen geeigneten Trainer bis zum Saisonende zu finden, wobei man im Fall einer falschen Entscheidung sogar die Qualifikation für die Playoffs aufs Spiel setzt, und zweitens einen Trainer für die neue Saison, mit dem die Planung wieder bei Null beginnen wird.

Kaum ist Johansson weg, beginnen schon die Spekulationen über den nächstjährigen Coach. Man spricht von Harold Kreis, der zusammen mit Zanatta die Bianconeri zum Meistertitel 2006 gecoacht hat, oder Ralph Krueger, der in Lugano nach seiner Zeit in Feldkirch schon mal ein Thema war. Für genügend Gesprächsstoff rund um den HC Lugano ist in nächster Zeit gesorgt.