Danny Kurmann weist an der WM 2007 den Kanadier Justin Williams zurecht. Foto: Thomas Oswald (auf Bild klicken für MMS)



Danny Kurmann: "Müssen mit dem 4-Mann-System gehen!"

Von Martin Merk

Mit Danny Kurmann ragt bezüglich Erfahrung ein Schweizer Schiedsrichter aus dem heute veröffentlichten WM-Aufgebot. Kurmann, der mit Brent Reiber und dem Linienrichter Tobias Wehrli nach Kanada gehen wird, hofft, dass das neue Vier-Mann-System bald auch in der NLA eingeführt wird.

Es läuft etwas bezüglich Schiedsrichter im Welteishockey und in einer Saison des Wandels kommt man dem Saison-Höhepunkt, der WM, näher. Noch hundert Tage dauert es bis zum Puckeinwurf in Québec und die Hausaufgaben wurden gemacht. In 74 Spielen wurde das Vier-Mann-System mit zwei Schiedsrichtern und zwei Linienrichtern getestet. 74 Spiele von Continental Cup-Qualifikationsrunden in Ländern wie Rumänien oder die Niederlande bis hin zu hochkarätigen Finalspielen der U20-WM oder des European Champions Cup. Die Analysen der Schiedsrichter und Beobachter stimmten den internationalen Eishockeyverband IIHF positiv. "Wir sind überzeugt, dass es gerade auf höchstem Niveau mit schnellen Spielen das Vier-Mann-System braucht", sagt Konstantin Komissarov, der Schiedsrichter-Chef der IIHF. Während es am Spengler Cup desöfteren zu Unstimmigkeiten zwischen den Spielleitern sowie zu einer Strafenflut kam, waren die Erfahrungen der IIHF durchwegs positiv. Komissarov macht gar gegenteilige Beobachtungen: "Die Schiedsrichter sehen mehr, es gibt weniger versteckte Fouls und es werden weniger Strafen genommen. Die Spiele waren viel flüssiger und schneller." Komissarov zeigt sich rundum glücklich und möchte nicht wieder zum alten System zurückkehren. Die IIHF hat nach den Probeläufen entschieden, auch an der WM in Kanada, ihrem Zugpferd, das Vier-Mann-System anzuwenden und hat eine Rekordzahl von 16 Schiedsrichtern aufgeboten.

Danny Kurmann, einer der Aufgebotenen, kam ebenso begeistert von der U20-WM in Tschechien zurück wie Brent Reiber vom European Champions Cup in St. Petersburg. Während ihrer Abwesenheit aus der Nationl League A durfte auch erstmals ein dritter Schweizer am europäischen Schiedsrichter-Austauschprogramm teilnehmen: Nadir Mandioni leitete zwei Spiele in der tschechischen Extraliga. Das vor zwei Jahren entstandene Programm wirkt sich im Nachhinein besonders positiv auf das Vier-Mann-System aus. "Es hilft uns, mögliche Schiedsrichter-Paare zu finden, denn es ist wichtig, dass diese harmonieren", so Komissarov. Wichtig seien dabei nicht die Nationalitäten, sondern die Philosophien.

Für Kurmann war die Rückkehr in die NLA eine riesige Umstellung, denn im Vier-Mann-System sieht man das Spiel aus verschiedenen Perspektiven und kann auch mehr vermeintlich verborgene Aktionen sehen, selbst wenn Perfektionismus auch durch zwei Head-Schiedsrichter nicht garantiert ist. "An der U20-WM waren wir uns jeweils sehr sicher, was wir pfiffen. Das Drei-Mann-System war schon eine rechte Umgewöhnung. Wenn ich etwas nicht aus einem guten Winkel sah, konnte ich niemanden um Hilfe fragen und daher die eine oder andere Szene, in der ich mir nicht sicher war, nicht pfeifen", erlebte Kurmann seine Rückkehr, "vielleicht bin ich nun ein weniger strenger Schiedsrichter." Am liebsten hätte Kurmann auch in der Schweiz zwei Schiedsrichter pro Spiel, ist sich aber bewusst, wieso der Schiedsrichter-Chef Reto Bertolotti bei solchen Forderungen Sorgenfalten bekommt. "Wir haben zuwenig Schiedsrichter in der Schweiz, teilweise haben wir in der NLA schon im Drei-Mann-System Mühe", erklärt Kurmann. Dies, obwohl eigentlich seit 1976 mit drei Unparteiischen gepfiffen wird.

Ein langjähriger NLA-Trainer, der nicht namentlich genannt werden möchte, formulierte die offensichtlichen Prioritäten in der Schweizer Eishockey-Förderung einst so: "An erster Stelle kommen die Torhüter, dann die Feldspieler und Trainer, und ganz weit unten irgendwann die Schiedsrichter." Während die Schweizer Probleme bekunden, hinter den beiden internationalen Spitzenreferees weiteres Top-Personal zu finden, gehen andere Nationen bereits einen Schritt weiter. In Schweden und Finnland wird bereits in einigen Spielen der regulären Saison das Vier-Mann-System getestet, die Slowakei und Tschechien könnten in den Playoffs folgen und in der NHL läuft es seit einigen Jahren. In der Schweiz ist kurzfristig nichts geplant. "Frühestens in den Playoffs 2009", glaubt Kurmann, wäre eine Art Pilotprojekt überhaupt denkbar, und hofft, dass es einmal kommt, nicht zuletzt für die verlangte, strikte Regeldurchsetzung ("Null-Toleranz"). "Wir müssen mit dem Vier-Mann-System gehen, dies ist nötig für das technische und schnelle Eishockey in der Schweiz", so Kurmann, "letztendlich muss das aber die Liga entscheiden." Doch die 500 Franken mehr pro Spiel, welche der Zusatz-Referee den Clubs kosten würde, dürften bei den Budgets in Millionenhöhe kaum ein Zankapfel sein.

Eher stellt sich die Frage, ob die Schiedsrichter-Abteilung des Schweizer Eishockeys über die nötige Breite verfügt und wie man mittelfristig neue Talente finden will, welche diese Lücken stopfen. Während man sich im Schweizer Eishockey damit befassen wird, kommt für die beiden Top-Referees wie auch für die Schweizer Nationalmannschaft schon bald die nächste Herausforderung: die kleineren, nordamerikanischen Felder. "Es ist anders für uns, das Spiel wird physischer und schneller", sagt Kurmann, "und für die Schiedsrichter hat es weniger Platz auf dem Feld."