Alte Liebe rostet nicht: Kann Kaufmann den EHC Basel retten?

Von Martin Merk

Der Verwaltungsrat der EHC Basel AG liess am Freitag die Katze aus dem Sack, jene Massnahme auf den schwachen Saisonstart, der nach Ankündigungen über "kosmetische Änderungen" hinausgehen solle. Nicht ein neuer Trainer wurde präsentiert, sondern der CEO Ueli Schwarz durch den nicht unumstrittenen Beat Kaufmann ersetzt. Kaufmann und Basel, das war eine Art versteckte Liebe. Ob sie den EHC Basel doch noch aus dem Dornröschenschlaf wecken kann?

Dass sich der EHC Basel und Ueli Schwarz trennen ist schon etwas, was man als platzende Bombe bezeichnen kann. Zwar stand neben dem Trainer auch der CEO und sportliche Leiter in Kritik, doch war sein Ansehen in der überschaubaren Basler Hockeyszene gross. So war es denn auch kein Rausschmiss, sondern man kommunizierte einheitlich, dass Schwarz selbst seinen Posten räumen wollte. Dies, obwohl der Verwaltungsrats-Präsident Michael Geiger klarstellt, dass man sich frage, ob Schwarz bei der Kaderzusammenstellung zuletzt wirklich das Optimum aus den verfügbaren Mitteln herausgeholt habe.

Standort Basel als Herausforderung

Doch weshalb schmeisst Schwarz diese gute Stelle hin ohne einen zukünftigen Arbeitgeber in der Hinterhand zu haben? Hat er die Hoffnung aufgegeben, dass man die Jahrzehnte zurückliegende Eishockey-Tradition in Basel wieder erwecken kann? Die Punktausbeute der Mannschaft ist prekär, entsprechend der Zuschauerschnitt von 2506 Fans noch tiefer als zuvor. Schwarz winkt ab. "Ich habe meine Arbeit hinterfragt und kam zum Schluss, dass ich mein Amt zur Verfügung stelle, es ist Zeit, dass jemand anderes das Projekt weiterpush", so Schwarz. In den letzten Monaten sei er als CEO an die Belastungsgrenze gestossen. "Ich habe jeden Tag geschaut, dass mein Schreibtisch geräumt ist, jedoch nicht die Qualität der Arbeit hinterfragt", charakterisiert Schwarz die letzten Monate, "vielleicht hätte ich einige Sachen besser sein lassen sollen. In einer kleinen Unternehmung läuft man Gefahr, sich um Nebensächlichkeiten zu kümmern." Schwarz hat die Hoffnung nicht aufgegeben, dass man aus Basel trotz der Hypothek von 40 Jahren NLA-Absenz einen etablierten Eishockey-Standort machen kann. Er hofft, mit seinem Abgang neue Impulse zu setzen und bleibt bis etwa Ende Jahr erhalten. "Momentan steht der Club nicht dort, wo er sein sollte", so Schwarz, "die Tabelle zeigt nicht die Qualität und den Charakter, der hinter der Mannschaft und dem Club steckt." Besonders deprimierend für Schwarz: Die Basler sind zwar punktemässig klares Schlusslicht, von den 19 Niederlagen fielen deren 12 knapp aus (mit ein bis zwei Toren Differenz).

Kaufmann zu Gast bei Freunden

Beat Kaufmann wechselt nun zu einem Club, der ihm nicht ganz fremd ist und den er ebenfalls als eine grosse Herausforderung sieht. In den letzten Jahren legte er stets ein gutes Wort für die Nordwestschweizer ein. Etwa beim umstrittenen Abstieg der Basler im Jahr 2003. Damals wurden sie in die NLB relegiert, obwohl sie in den Abstiegsspielen nicht das schwächste Team waren, jedoch für einmal die Punkte der gesamten Saison zählten. Sportlicher Abstieg? Für Kaufmann ein "Unfug", den er seit Ende der Neunziger-Jahren zu bekämpfen versucht. "Wenn jemand die Finanzen und Infrastruktur für die NLA hat, sollte er dort spielen", sagt Kaufmann, der sich in den laufenden Ligadiskussionen eher für eine Auf- als Abstockung outet. Kaufmann machte sich jeweils für die Stadtclubs stark, wo man besonderes Potenzial vermutet, auch den Standort Mailand versuchte er zu seiner Zeit als Geschäftsführer und Präsident des HC Lugano seinen Ligakollegen (erfolglos) schmackhaft zu machen. Diese Zeiten sind ohnehin vorbei, seit 2006 herauskam, dass er und sein Vorgänger Fabio Gaggini eine Bruttolohnsumme von rund zehn Millionen Franken schwarz an Spieler und Trainer auszahlen liessen, damit den Fiskus und die Sozialversicherungen um Millionen von Franken betrogen. Beide waren weitgehend geständig und das Strafverfahren läuft, weshalb sich die Äusserungen zu diesem Fall momentan in Grenzen halten. Kaufmann musste in Lugano, Chur, im Aufsichtsrat der Liga und als Vorsitzender des Eishockey-Parlaments im Verband zurücktreten, seine Karriere schien zu Ende, bis sich auf der anderen Seite der Schweiz eine Tür geöffnet hat. Und nach 14 Monaten ist er wieder zurück. Ausgerechnet in Basel, wo er nun selbst vor Ort anstatt aus der Distanz anpacken kann. Kontakte zum Verwaltungsrat waren schon länger vorhanden. Der langjährige Präsident Michael Geiger gehörte zu den Verehrern des "Grande Lugano" in den Achtziger- und Neunziger-Jahren, entsprechend gut waren die Kontakte zum Club und Kaufmann in den vergangenen Jahren gewesen. Von den Richtern hat der EHC Basel keine Angst. "Wir haben das Ausmass des Strafverfahrens juristisch überprüfen lassen", sagt Geiger, entsprechend soll keine Gefahr bestehen, dass Kaufmanns Arbeit durch ein Urteil behindert werden könnte.

Kaufmann: "Ich glaube, dass ich dem EHC helfen kann."

Basel - in einigen Belangen ist das zu Lugano ein Unterschied, wie die 260 Kilometer, welche die Städte voneinander trennen. Einen Milliardär, der endlos Geld in den einnahmeschwachen Club buttert, haben die Basler nicht - entsprechend steht Kaufmann auch keine Spitzenmannschaft mehr zur Verfügung. Gemeinsam haben die Städte höchstens, dass sie beide als sonnenreich gelten und man in den Eishallen auch während den Spielen freie Sicht auf die Schalensitze hat. Nicht die besten Voraussetzungen für NLA-Eishockey in einer Stadt, die sich aus anderen Sportarten und Events Spitzenklassigkeit gewohnt ist. Nach dem enttäuschenden Saisonstart mit nur 8 Punkten aus 21 Spielen ist Kaufmann entsprechend gefordert. Der Verwaltungsrat fordert den Stopp der seit acht Spielen andauernden Niederlagenserie und den Klassenerhalt. Und nächste Saison soll Kaufmann jenes Optimum aus denselben (bescheidenen) Mitteln herausholen, das man Schwarz vorwirft, nach der überraschenden Playoff-Qualifikation 2006 nicht mehr geschafft zu haben. Was dies ist? "Ein Platz im Mittelfeld", sagt der Präsident Geiger, der weitere strukturelle Änderungen noch offen lässt. Der Trainer Mike McParland, dessen Rauswurf die Fans gefordert haben, ist nach der Neubesetzung seines Vorgesetzten vorerst gerettet. Er erhält mit der Länderspielpause und nicht mehr so vielen Verletzten die Chance auf einen zweiten Saisonstart. Jeder muss sich nun dem neuem Chef in Hinblick auf den kaum mehr zu vermeidenden Playouts empfehlen. "Ich weiss, dass es hier eine schwierige Aufgabe wird", sagt Kaufmann, "ich glaube aber, dass ich das Know-how habe, um dem EHC zu helfen. Die Hockeyschweiz braucht Basel!"