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Der abgelaufene CBA - Drei Wörter der Macht

Teil 1 - Einführung und "Entry Draft System"

Von Urs Berger

In eigener Sache: In den letzten fünf Teilen haben wir die Positionen und die Geschichte der beiden Kontrahenten angeschaut. In diesem Teil geht es um das Vertragswerk der Liga und der Gewerkschaft, der sogenannte CBA*. Diesen zu verstehen und sich damit auseinanderzusetzen, ist eine der schwierigsten Aufgaben, die man sich selber setzen kann. Aus diesem Grund erhebe ich auch keinen Anspruch auf Vollständigkeit oder auf die richtige Interpretation, denn zu schwerfällig und zu unverständlich sind einem Nicht-Juristen die Ausdrücke. Es kann deshalb nur ein Versuch einer Annäherung sein und ebenfalls nur einen Versuch, den CBA zu umschreiben. Ich hoffe, dass mir dies mit den folgenden Bericht gelungen ist.

Das Collective Bargaining Agreement kann in der Schweiz mit einem Gesamtarbeitsvertrag verglichen werden. Doch hier beginnt bereits die Diskussion. Einige Anwälte vertreten die Ansicht, dass dem nicht so sei. Andere wiederum stellen sich gerade auf den anderen Standpunkt. Tatsache jedoch ist, dass der abgelaufene Vertrag in der NHL rund 150 Seiten, ohne Anhänge, dick ist und bis in die kleinsten Details die Pflichte und Rechte der Spieler und der Teambesitzer regelt. Die verschiedensten Regelungen, wie zum Beispiel der Ablauf des Drafts, die Bestimmungen über einen UFA* oder eines RFA* werden dort beschrieben. Wir konzentrieren uns in diesem Artikel auf das Wesentliche und bringen die wichtigsten Punkte zur Sprache.

Der am 15. September 2004 abgelaufene Vertrag zwischen der NHL und der Gewerkschaft NHLPA wurde am 13. Januar 1995 nach dem letzten Lock–out durch beide Parteien besiegelt. Am Anfang lieg alles gut für beide Parteien und man entschied sich aus diesem Grund für die vorzeitige Verlängerung des Vertrages bis zum 15. September 2004 um Mitternacht. Der Vertrag regelt neben den wichtigsten Bereichen für die Spieler, wie zum Beispiel die Drafts*, die RFA, die UFA und den Lohn, auch Aspekte für die Klubbesitzer und die Liga selber. Auch die Gewerkschaft hat Rechte und Pflichten und geben diese wiederum an die Spieleragenten weiter. Im ersten Artikel des Gesamtarbeitsvertrages werden alle Begriffe, die in diesem 150 Seiten umfassenden Vertragswerk vorkommen, genauer erklärt und, wenn nötig, auf die ausführenden Artikel hingewiesen. So erfährt man dort unter anderem wie ein durchschnittlicher Lohn in der Liga gerechnet wird und wie dieser ausgehandelt wird, was ein "Group V Player" ist und andere interessante Aspekte des Vertrages.

Im zweiten Artikel geht es dann schon richtig gemütlich zu und her und die beiden Parteien sind sich als alleinige Gesprächspartner verpflichtet. Die Dauer des Vertrages wird festgelegt und die Spieler werden an die Gewerkschaft "gebunden". Das heisst, jeder Spieler hat das Recht der Gewerkschaft beizutreten. Wenn er dies nicht tut, zahlt er trotz allem einen Betrag an dieGewerkschaft, welche dann einen bestimmten Teil dieses Geldes für ihre Pensionskasse braucht und dem Spieler, wenn dieser in Rente geht, auszahlt. Ebenfalls geregelt in diesen ersten Artikeln ist das Verhältnis der Spieleragenten zur NHLPA, welche das Recht auf eine Zertifizierung der Agenten hat. Nur solche dürfen dann auch Spieler in der NHL vermitteln, welche diese hohen Standards erfüllen. Ein weiterer Artikel verbietet das Streiken, das Ausschliessen der Spieler und andere Massnahmen. Diese allgemeinen Informationen sind in den ersten sieben Artikel beschrieben, bevor es dann an den ersten grösseren Teil geht, das "Entry Draft System" und deren Bedeutung.

Der alljährlich stattfindende Entry Draft*, bei welchem die besten 18- und 19-jährigen Spieler gezogen werden können, ist für einen jungen Eishockeyspieler das Grösste aller Gefühle. Diese Veranstaltung hat ihre genauen Gesetze, welche ebenfalls im Vertrag mit der Liga und den Spielern festgelegt wurden. Beim Entry Draft Wochenende werden immer 9 Runden durchgeführt, welche die genaue Anzahl der Klubs beinhaltet, welche in der nächsten Saison in der NHL spielen werden. Dabei ist das letzt-platzierte Team als erstes an der Reihe, das zweitletzte als zweites und so weiter. Der Stanley Cup Sieger darf als 30. und letztes Team sich die Rechte an einem Spieler sichern. Zudem wird in der ersten Runde unter den ersten 10 berechtigten Teams eine Verlosung durchgeführt, bei welcher die Teams ihre Position um maximal 4 Positionen verbessern können. In der zweiten und den darauf folgenden Runden wird dann in der normalen, umgekehrten Reihenfolge der Rangliste vorgegangen. Bereits während der Saison beginnt der Run auf den Nummer-Eins-Draft. Jeder Klub kann mit geschicktem handeln und verkaufen von Rechten an Drafts weit nach vorne kommen, oder an einer anderen Position ziehen als angenommen. So kann das Draft-Wochenende mit manchen Überraschungen enden.

Jeder Klub hat nun das Recht seinen Spieler, welcher er gezogen hat sofort einen Vertrag zu unterbreiten oder noch zu zu warten. So kann es dann sein, dass ein bereits gezogener Spieler wieder in den Draft zurückkommt und von einem anderen Klub gezogen wird. Dies ist eines der vielen Szenarien, welches im CBA geregelt ist. Sollte nun ein Spieler aber von dem Klub, der ihn gezogen hat, direkt unter Vertrag genommen werden, so bekommt der Spieler ein sogenanntes Hand- und Vertragsgeld, welches ihm sofort ausgezahlt wird. Desweiteren wird im Vertrag genau beschrieben, dass er auch im Partnerteam der AHL spielen könnte, also einen Zwei-Weg-Vertrag erhällt. Der Vertrag kann auf maximal drei Jahre beschränkt werden. Zudem wird im Vertrag festgelegt, dass die Summe, die er erhält, ohne Abzüge auf $ 1,295 Millionen festgelegt wird. Sollte er aber in der AHL spielen, so ist das Jahressalär um einiges tiefer, nämlich nur die Hälfte vom effektiven Verdienst in der NHL. Zusätzlich bekommt der Spieler noch eine maximale Kompensationszahlung von $ 10`500 im Jahr.

Nachdem nun der Spieler drei Jahre in der NHL gespielt hat, tritt er in einen neuen Status ein, den sogenannten RFA – Status, also den Restricted Free Agent. Schauen wir und diese verschiedenen Gruppen der RFA genauer an. Es gibt im CBA sechs definierte Gruppen, welche sich wie folgt zusammensetzen:

  • Group I Player: Entry Draft Spieler
  • Group II Player: Restricted Free Agent
  • Group III Player: Unrestricted Free Agent und mehr als 31 Jahre alt
  • Group IV Player: Free Agents mit bestimmten Voraussetzungen
  • Group V Player: Auf eigenen Wunsch nach Ablauf eines Vertrages
  • Group VI Player: Nach Ablauf des Vertrages ohne Beschränkungen
  • .

Group I Player

Sind alle Spieler, welche gezogen und von einem Klub unter Vertrag genommen werden. Die Bedeutung und Dauer des Group I Players wurde oben unter dem Absatz Entry Draft erläutert.

Group II Player

Damit ein Spieler in diese Gruppe kommt, musst er folgende Bedingungen erfüllen:

  • Erster Vertrag im Alter zwischen 18 und 21 und drei Jahre professionelles Eishockey in der NHL mit mindestens 10 Spielen auf diesem Niveau
  • Erster Vertrag im Alter zwischen 22 und 23 und zwei Jahre Professionelles Eishockey in der NHL mit mindestens 10 Spielen auf diesem Niveau
  • Erster Vertrag im Alter von 24 und mehr mit einem Jahr Professionelles Eishockey in der NHL mit mindestens 10 Spielen auf diesem Niveau

Nach Ablauf dieser Zeit muss der Klub nun entscheiden, ob er dem Spieler eine sogenannte "Qualifying Offer" macht und ihn in den Status eines Restricted Free Agents (RFA) entlässt mit der Möglichkeit eines Tausches für den nächsten Draft vom neuen Klub zu erhalten, mit dem Spieler durch das "Arbitration"-Verfahren zu gehen oder, wenn ein anderer Klub am Spieler interessiert ist, das Recht auf die Rückweisung zu erhalten und dort dem Spieler einen höheren Lohn zu bezahlen, welcher mindestens 10% über dem ligaweiten Durchschnitt der Löhne liegen muss, ansonsten der Spieler automatisch zum neuen Klub wechseln kann, ohne dass dieser irgendwelche Rechte hergeben müsste.

Group III Player

In diese Gruppe kommen alle Spieler, welche 31-jährig oder älter sind und mindestens vier Jahre in der NHL gespielt haben. Diese Spieler können ablösefrei und ohne jegliche Verpflichtungen ihre Verträge selber aushandeln und den Klub selber bestimmen. Der bisherige Klub verliert in dieser Gruppe jegliche Rechte an diesem Spieler.

Group IV Player

Die meisten dieser Spieler haben einen Spielerwechsel ins Ausland gemacht und haben bei ihrem ehemaligen Klub noch einen Vertrag offen, welcher noch nicht abgelaufen ist oder die Spieler selber wurden unter Vorbehalt freigegeben. Die Rechte an diesen Spielern liegen nach wie vor beim letzen NHL Klub. Sie können aber durch einen Entscheid der Liga ein Unrestricted Free Agent (UFA) werden.

Group V Player

Diese Spieler können mit allen Klubs und den Vereinen im Ausland verhandeln und Verträge abschliessen, ohne ihren ehemaligen Verein fragen zu müssen. Diese Spieler kommen aus laufenden Verträgen als RFA und müssen bis zum 15. Juli ihren Antrag auf die UFA-Status stellen.

Group VI Player

Diese Spieler können mit allen Klubs und den Vereinen im Ausland verhandeln und Verträge abschliessen, ohne ihren ehemaligen Verein fragen zu müssen.

Desweiteren gibt es eine Spezialkategorie: die Draft-bezogenen-UFA. Diese Gruppe von Spielern muss folgende Voraussetzungen erfüllen:

  • Die Spieler können nicht mehr an einem Draft teilnehmen
  • Sind auf keiner Reserveliste eines Klubs
  • Wurden am letzten, ihnen möglichen Draft nicht gezogen


Im nächsten Teil: Der abgelaufene CBA: "Qualifying Offer", "Salary Arbitration", "Waiver Draft"

Glossar

CBA
"Collective Bargaining Agreement" - ist in etwa mit einem Gesamtarbeitsvertrag zu vergleichen, aber ausführlicher. Dem CBA widmen wir einen Teil in der Serie.
RFA: Restricted Free Agent
Ein Spieler wird nach bestimmten Kriterien zu einem "beschränkten freien Spieler". Sie haben sehr direkten Einfluss auf die Karriere eines Spielers.
UFA: Unrestricted Free Agent
Spieler, welcher mindestens 31 Jahre alt ist und mindestens 4 Jahre in der NHL gespielt hat. Können ablösefrei und ohne jegliche Verpflichtung Verträge selber aushandeln. Bisheriger Klub hat keine Rechte mehr an diesem Spieler.

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