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Die Geschichte der NHLPA – eine Gewerkschaft wird erwachsen

Von Urs Berger

In Nordamerika haben Gewerkschaften einen Ruf der Raufbolde, der harten Hunde und der Unruhestifter. Selten werden diese in der Öffentlichkeit ernst genommen und man schenkt ihnen als Angestellter kaum Beachtung. Dies ist jedoch bei den Sportgewerkschaften anders. Jede grosse Profisportart hat ihre Gewerkschaft. In der NHL ist dies die NHLPA. Im zweiten Teil unserer Serie zum NHL Lock-Out werfen wir einen Blick auf die bewegte Geschichte dieser Gewerkschaft.

An einem Tag im Juni 1967 trafen sich die Spieler der "Original Six*" um die Gewerkschaft der NHL Spieler, eben die NHLPA, zu gründen. Die ersten Vertreter der damals kleinen NHL waren die Spieler Ed Johnston (Boston Bruins), Pierre Pilot (Chicago Blackhawks), Norm Ullman (Detroit Red Wings), Bobby Rouseau, J.C. Tremblay (beide Montreal Canadiens), Rod Gilbert, Harry Howell (beide New York Rangers) und Bob Pulford (Toronto Maple Leafs). Der letzt genannte wurde an diesem Treffen zum ersten Präsidenten der NHLPA bestimmt und gab bei den ersten Gesprächen mit den Klubs die neue Marschrichtung an. Dies war, für die damaligen Verhältnisse, hart und unbarmherzig. Sollten die Besitzer der Klubs die neu gegründete Gewerkschaft deren Legalität absprechen, würde man diese mit einem Gerichtsentscheid in Kanada herbeiführen wollen. Ebenfalls wollten die Spieler eine Zusicherung, dass die Mitgliedschaft in der Gewerkschaft keine Auswirkungen auf das Arbeitsverhältnis haben darf. Die Liga auf der anderen Seite des Tisches wollte, dass mindestens zwei Drittel der Spieler in der neuen Gewerkschaft Mitglied sind und dass die NHLPA und deren Mitglieder während der Gültigkeit der Vereinbarung keinen Streik vom Zaune brechen können. Beide Seiten konnten sich zu diesem Vorgehen einigen und so wurde die NHLPA aus der Taufe gehoben.

An der ersten Sitzung mit den Spielervertretern wurde R. Alan Eagelson*, genannt "The Eagle", zum ersten Geschäftsführer der NHLPA ernannt. In den 24 Jahren in denen er der NHLPA vorstand, konnte er viele Verdienste auf sich und sein Engagement verbuchen. So organisierte er die in Nordamerika beliebte "Summit Series" (Kanada gegen die UdssR, 1972), den Canada Cup (1976, 1981, 1987, 1991) und den Challenge Cup (1979) in Kanada und konnte so die Sportart nicht nur im Heimatland des Eishockeys, sondern auch in Europa beliebt machen und fördern. Nebenbei begründete er die Pensionskasse für die Mitglieder der Gewerkschaft.

Doch spätestens in den 80er Jahren kam er unter Druck, als er zum ersten Mal von Bobby Orr - seinem ersten Eishockeyspieler, den er vermittelte - wegen Fehlverhaltens öffentlich angeprangert wurde. Später stellte sich heraus, dass Bobby Orr mehr oder weniger ohne Geld in Pension ging. Ebenfalls wurde später bekannt, dass er, Alan Eagelson, Orr eine Offerte von den Boston Bruins, welche besser gewesen wäre, unterschlug, damit dieser bei den Chicago Blackhawks unterschrieb. Doch nicht genug der schlechten Nachrichten für die Spieler. Als dann einige Spieler in den 80er Jahren den Machenschaften von "The Eagle" auf den Grund gingen, tauchten Ungereimtheiten auf, die zu viel Diskussionen Anlass aber noch nicht zu einer Freistellung des Geschäftsführers Anlass gaben. Im Gegenteil gewährte man ihm noch einige Zeit um das versäumte nachzuholen. Doch immer lauter wurden die Stimmen, welche eine Absetzung und Untersuchung gegen ihn verlangten. Dies geschah dann auch unter Druck der Amerikanischen Bundesbehörde FBI, welche nun gegen ihn ermittelten. Sieben Jahre später musste Alan Eagelson in Kanada wie auch in den USA wegen Veruntreuung und falscher Geschäftsführung vor den Richter und wurde zu einer Busse von $1 Million sowie zu 18 Monaten Haft verurteilt. Ende 1991 wurde schliesslich Robert W. Goodenow* zum neuen Geschäftsführer der NHLPA ernannt. Dieses Amt hat Goodenow nach wie vor inne und er ist einer der Hauptfiguren, neben Ted Saskin* und Trevor Linden*, im gegenwärtigen Streit um den neuen CBA*.

Im nächsten Teil: Welche Vorschläge hat die NHL den Spielern und der NHLPA unterbreitet?

Glossar

Original Six
Die Gründungs-Vereine der NHL. Chicago Blackhawks, Motreal Canadiens, Toronto Maple Leafs, New York Rangers, Detroit Red Wings und Boston Bruins.
Robert (Bob) W. Goodenow
Geschäftsführer der Gewerkschaft und einflussreichste Person bei den Spielern. Gegenspieler von Gary Bettman.
R. Alan Eagelson, "The Eagle"
Erster Präsident der NHLPA und zwielichtige Gestalt in der Gewerkschaft. Wurde in den frühen 90er Jahren durch Bob Goodenow abgelöst.
Ted Saskin
Rechte Hand von Bob Goodenow. Ist für die Verhandlungen mit der Liga verantwortlich.
Trevor Linden
Präsident der Spielergewerkschaft und Chef von Bob Goodenow
CBA
"Collective Bargaining Agreement" - ist in etwa mit einem Gesamtarbeitsvertrag zu vergleichen, aber ausführlicher. Dem CBA widmen wir einen Teil in der Serie.

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