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Die Entstehung der NHL – oder die USA lernen von ihrem Nachbarn

Von Urs Berger

Im ersten Teil der Serie zu den andauernden Streitigkeiten zwischen der NHL und der NHLPA werfen wir zuerst einen Blick zurück auf die bewegte Geschichte der Liga. Wir entführen Sie in die bewegte Zeit der Gründung und tauchen wieder auf in der Gegenwart.

Die Saison 1916/17 sollte für die NHA* eine ereignisreiche werden. Die Welt war im Umbruch: der Erste Weltkrieg tobte und in der Sowjetunion war die Revolution im Gange, welche das Weltbild für lange Zeit prägen sollte. Nicht nur in Kanada wurden immer mehr junge Männer ins Militär einberufen. Dies hatte auch Auswirkungen auf den Sport, das Eishockey und eben die NHA. In dieser Liga, welche sechs Teams umfasste und das erstplatzierte Team mit dem erstplatzierten Team aus der Pacific Coast Hockey Association PCHA* um den Stanley Cup spielte, ereigneten sich dramatische Tage und Wochen. Die Person um die es geht hiess Edward J. Livingston* - kurz Livvy genannt - denn ohne seine Sturheit und seine Arroganz wäre die NHL nie gegründet worden. Zwei Spielzeiten früher hatte er die angeschlagene Mannschaft aus Ontario übernommen und diese ein Jahr später in die Toronto Blueshirts überführt. Schon diese Überführung wurde in der NHA nicht überall für gut befunden, dennoch schluckte man das Vorgehen und lies ihn walten. Doch die Stimmung wurde immer gereizter. Speziell als er den Klubbesitzern vorschlug, die Meisterschaft um den Stanley Cup nicht einfach mit einem Spiel der beiden erstplatzierten der beiden Ligen NHA und PCHA zu entscheiden, sondern in einer Art "Play–Off" auszutragen, in welchem beide Teams je ein Spiel zu Hause haben und das Team mit der besseren Tordifferenz aus beiden Spielen den Cup bekommen sollte. Dieser Vorschlag wurde dann auch übernommen und die Besitzer waren auf einmal mehr als nur zufrieden.

Nachdem diese Revolution zustande gekommen war, gab es schon wieder Zoff mit Livvy. Durch diverse Aussagen von ihm selbst brachte er die Besitzer wieder gegen ihn auf und diesmal schlug die Liga zurück. Am 10. Februar 1917 wurde die Militär–Mannschaft des 228. Bataillons in den Krieg nach Europa abberufen. Diese Massnahme der Kanadischen Regierung drohte die Meisterschaft zu verfälschen, wenn nur noch fünf Teams daran beteiligt wären. In einer Sitzung am darauf folgenden Tag entschlossen sich die Klubbesitzer gegen den Willen des Präsidenten der NHA, welcher die Interessen von Livvy vertreten sollte, dass dessen Mannschat die Toronto Blueshirts aus der NHA ausgeschlossen werden sollte. Die Meisterschaft hätte nur noch aus vier Teams bestehen und die verbliebenen Spieler aus dieser Mannschaft hätten auf die anderen Teams verteilt werden sollen. Als Livvy von diesem Vorgehen hörte, war er so ausser Rand und Band, dass er sich einen Anwalt nahm und diesen Entscheid durch alle Instanzen hindurch anfocht.

An einem Treffen vom 26. November 1917 gründeten schliesslich die verbliebenen Klubbesitzer die heutige NHL. Während Livvy bis ins Jahr 1930 erfolglos prozessierte, begann die NHL somit ihre erste offizielle Saison 1917/18. In dieser wurde mit der bekannten Formel gespielt und die beiden Erstplatzierten spielten gegeneinander um den Stanley Cup. Als erster Präsident wurde Frank Calder* bestimmt, welchem auch heute noch ein Pokal gewidmet ist. Die erste Erweiterung der Teams kam 1926, als man die ersten US–Amerikanischen Teams in die NHL integrierte und das Eishockey auch in den USA beliebt machte. In den 30er-Jahren hatten viele Klubs Probleme mit der Wirtschaftlichkeit. Doch dies nur auf die Klubs zu führen, wäre nicht gut, herrschte doch seit den späten 20er-Jahren ein Klima der Verunsicherung in der Welt. Die Rezession, welche unter anderem auch zum Ausbruch des Zweiten Weltkrieges führte, war nicht nur in Europa ein Problem, sondern auch in Nordamerika. Viele Firmen mussten schliessen, die Arbeitslosenzahlen stiegen und viele Zuschauer konnten die Eintrittspreise der NHL–Spiele nicht mehr bezahlen. Viele Klubs mussten Konkurs anmelden. Die Liga litt unter diesen Umständen erheblich und das Eishockey war nicht mehr die Sportart Nummer eins in Nordamerika.

Nachdem der Zweite Weltkrieg für beendet erklärt worden war, kehrten viele Soldaten zurück. Der Wohlstand hielt auch in Nordamerika Einzug, wovon die NHL profitieren konnte. Nachdem die Liga schlechte Erfahrungen mit einer zu grossen Liga gemacht hatte, beschränkte man sich auf 6 Teams, welche um den Stanley Cup spielen sollten. Nach und nach baute die NHL ihr Image auf und als Mitte der 60er-Jahren die Mannschaften signalisierten, dass man eine Erhöhung der Liga für gut hielt, setze man diese im Jahr 1967 um. Die Liga umfasste nun 12 Teams. Die Liga expandierte in den 70er-Jahren weiter, obwohl es unter den Klubs zu Unstimmigkeiten kam. Diese Vergrösserung der Liga ging bis ins Jahr 2000 weiter, als die bislang zwei letzen Teams aufgenommen wurden. Zur Zeit umfasst die Liga 30 Klubs und über 1000 Spieler, welche bei einem Klub unter Vertrag stehen.

Im nächsten Teil: Die Geschichte der NHLPA und deren Gründer

Glossar

NHA
National Hockey Association, Vorgängerin der NHL. Wurde um die Jahrhundertwende des 19. Jahrhunderts gegründet. Die NHA umfasste 6 Teams. Diese waren: Montreal Canadiens, Montreal Wanderers, Ottawa Senators, Quebeq Bulldogs, The Toronto Blueshirts und die Militärmannschaft des 228. Bataillons der kanadischen Armee.
PCHA
Die Konkurrenzliga der NHA. Die Pacific Coast Hockey Association ging aber mit der Gründung der NHL Bankrott und einige Teams kamen in der NHL unter.
Edward J. Livingston, genannt Livvy
War der Quer- und Vordenker in der NHA. Hatte viele Feinde und ging bis 1930 mit der neu gegründeten NHL vor Gericht, ehe der Richter den Riegel schob und die Klagen abwies.
Frank Calder
Erster Präsident der NHL. Führte diese bis zu seinem Tode 1943.

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