BACKGROUND


Interview mit Pauli Jaks (Паули Якс), neu beim russischen Meister Avangard Omsk

Als Pauli Jaks sich überlegte, ob er eine zehnte Saison in Serie bei Ambrì anhängen oder einen neuen Club suchen würde, kamen einige Angebote aus Russland auf den früheren Nationalspieler zu, der 1995 als erster Schweizer mit NHL-Einsatz Geschichte schrieb. Er sagte dem russischen Abenteuer zu und hütet nun mit der Nummer 34 für den russischen Titelverteidiger HK Avangard Omsk das Tor, wo er mit dem russischen Nationaltorhüter Maxim Sokolov das als am stärksten eingestufte Goaliegespann der Superliga bildet.

Von Martin Merk

Für Jaks ist die Liga nicht ganz Neuland: Mit dem HC Ambrì-Piotta spielte er in offiziellen IIHF-Spielen bereits gegen Kasan (7:3-Sieg), Magnitogorsk (2:0-Sieg und 2:3-Niederlage) - und gegen Omsk (5:3-Sieg), gewann dabei zwei Mal den Continental-Cup und ein Mal den europäischen Supercup. Kein Wunder, ist sein Name in Russland bekannt. Im Jahr 2000 wurde so auch der damalige Ambrì-Ersatzgoalie Paolo Della Bella von Metallurg Magnitogorsk entdeckt und gewann dabei als Goalie Nummer 2 die russische Meisterschaft. Er war bislang der einzige Schweizer, der es in Russland versuchte bis auf Thomas Liesch (Ex-Chur) bei Dynamo Moskau. Ob Jaks sich gegen die russische Konkurrenz so gut durchsetzen kann wie damals im Ambrì-Dress? Die Vorzeichen zwischen der NLA und der russischen Superliga haben mittlerweile wieder gedreht: Industriemillionäre schütten Geld in Höhe von Millionen Franken in die lokalen Teams und lassen dabei Clubs wie Bern oder Lugano wie Bettler aussehen. So sollen gute russische Spieler in die Heimat gehalten oder zurückgelockt und dazu starke Ausländer verpflichtet werden, die meisten davon aus den ehemaligen Ostblockstaaten von Kasachstan bis Tschechien. Mittlerweile ist die russische Superliga wohl wieder das, was sie einst war: Die stärkste nach der NHL. Rund 25 bis 30 Millionen Franken betragen die Budgets der Spitzenclubs, wovon sich nur ein unbedeutender Bruchteil durch die mickrigen Zuschauer- und Merchandisingeinnahmen abdecken lassen. Ein guter Sitzplatz kostet in Russland immerhin weniger als in einer Schweizer Halle ein Bier. Die russischen Hockeystars stehen dabei im Kontrast zu den sonst eher bescheidenen Verhältnissen im Land.

Hinter Avangard Omsk steckt im Übrigen niemand Geringeres als Roman Abramovich, der in Westeuropa vor allem als Mäzen des Londoner Fussballclubs Chelsea Berühmtheit erlangt hat und für den englischen Spitzenclub bislang hunderte Millionen Franken liegenliess. Ein Klacks für ihn: Das Vermögen des Ölbarons wird auf rund 16 Milliarden Franken geschätzt. Auch sonst entspricht der Club dem russischen Bild: Die Eishalle von Omsk gehört zu den Auslaufmodellen - einige Ligakonkurrenten haben mittlerweile neue Hallen, auf die man aus Schweizer Sicht neidisch nach Russland blicken muss - die 5500 Plätze sind meistens alle besetzt. Omsk ist eine Millionenstadt, geographisch jedoch in der "Provinz". Avangard Omsk bildet mit anderen früher unscheinbaren Provinzclubs wie Metallurg Magnitogorsk, Lokomotiv Yaroslavl, Ak Bars Kasan oder Lada Togliatti die Spitze des russischen Eishockeys. Die sibirische Stadt liegt rund 2000 Kilometer von der ehemaligen Eishockey-Hochburg Moskau entfernt. Für die Spiele muss sein Team noch weitaus längere Strecken als nach Moskau zurücklegen, doch dies wird für Jaks nach zwei Jahren in Nordamerika kein Problem sein.

Jaks konnte nun zwei Wochen lang das Eistraining quasi vor der Haustür besuchen, denn Avangard Omsk bestritt sein Trainingslager im innerschweizerischen Engelberg. Im Team ist auch sein ehemaliger Ambrì-Teamkollege Jegor Shastin (kam von Novosibirsk zurück), dessen Vater Evgeny Shastin Assistentstrainer ist, während der frühere HCAP-Tscheche Tomas Vlasák den Club in Richtung Kasan verlassen hat. Jaks ist der einzige Kaderspieler aus dem "Westen". Spieler aus Westeuropa oder Nordamerika sind im Allgemeinen auch die weniger typischen Ausländer in Russland. Heute erfolgte die Abreise nach Sibirien, Grund genug um beim früheren Nationalgoalie (12 Länderspiele) über seine kommende Saison nachzufragen.


Das Interview

hockeyfans.ch: Wie ist dein Fazit nach zwei Wochen im neuen Team?
Pauli Jaks: Es lief alles top mit der Mannschaft. Die Organisation stimmte und die Kontakte waren gut.

Pauli Jaks im Ambrì-DressGab es keine Sprach- und Integrationsprobleme, an denen schon mancher Spieler (etwa der neue Ambrì-Stürmer Jeff Toms) gescheitert ist?
Nein da gibt's keine Probleme. Mit dem Tschechen Jaroslav Bednar kann ich mich auf tschechisch verständigen und einige russische Spieler können auch englisch. Wichtiges auf russisch werde ich noch lernen müssen. Klar der Trainer (Valeri Belousov) redet nur russisch, schildert aber viel mit der Tafel. Vielleicht habe ich es als Torhüter auch einfacher.

Wie stufst du das Niveau im neuen Team ein?
Es ist ein sehr hohes Niveau. Eine Top-Mannschaft mit sehr guten Spielern, welche sich nach den ersten Trainingswochen gesteigert hat.

Du warst ja auch in Nordamerika. Wie würdest du die Trainings und den Konkurrenzkampf im Team mit Omsk vergleichen?
Für mich ist das sicher ein Unterschied, in Nordamerika war ich auch vor zehn Jahren. Jetzt bin ich reifer und mental stärker, jedoch topmotiviert wie vor zehn Jahren. Ich bin froh im Ausland und in der Superliga zu spielen. Um seinen Platz kämpfen muss man überall, ob in der Schweiz, Russland oder Amerika. Ich muss die Leistung bringen und bin motiviert dem Management zu zeigen, dass sie die richtige Wahl getroffen haben.

Da wären wir schon bei einem anderen Thema. In den russischen Medien wird das Goalieduo von Omsk als stärkstes der Liga eingestuft, du jedoch als Nummer 2 hinter Maxim Sokolov. Wie gehst du mit dieser Situation um?
Mit Sokolov läuft alles gut, er ist ein Supertyp und wird arbeiten gut zusammen in den Trainings. Für mich ist das kein Problem, ich werde meine Möglichkeiten haben. Wir haben viele Spiele in der Liga und brauchen zwei gute Torhüter. Schauen wir mal in den Freundschaftsspielen wie oft ich spiele. Ich muss vor jedem Spiel eine gute Vorbereitung zeigen und wer dann die Nummer 1 und die Nummer 2 ist, entscheidet der Trainer.

Vielleicht erhältst du schnell Gelegenheit, Sokolov wurde für den World Cup aufgeboten und wartet auf die Freigabe. Ist diese Situation ein Gesprächsthema im Team?
Die Situation mit Sokolov und anderen Spielern für den World Cup ist noch offen. Natürlich wurde darüber auch schon gesprochen. Aber dies muss der Trainer entscheiden, die Meisterschaft beginnt für uns schon am 1. September.

Hast du dir auch Tipps bei Paolo Della Bella geholt? Er wurde ja unter Belusov mit Magnitogorsk Meister.
Ja ich habe ihn gefragt wie es so ist und er konnte mir nur Positives sagen. Ich habe im Frühling in Omsk schon die Wohnung angeschaut, es ist alles top und es fehlt nichts.

Du triffst ja auch auf deinen früheren Teamkollegen Jegor Shastin.
Ja er kehrt nach Omsk zurück. Ich fühlte im Team nie allein, war sofort integriert und jeder hat geholfen wo es nötig war.

Bei Ambrì erhieltst du weniger Vertrauen als auch schon. War auch das ein Abwanderungsgrund oder eher das Abenteuer Russland?
Mein Vertrag ist ausgelaufen und wir überlegten uns zu verlängern. Ich erhielt jedoch auch Offerten von anderen NLA-Clubs und auch mehrere aus Russland, die mir Freude machten. Ich schaute die mit meiner Frau an und wir sagten uns "Wieso nicht?". Mit 32 muss man so eine Chance nützen. Ich muss da auch Ambrì Danke sagen, die russsichen Clubs kannten mich vom Continental-Cup und Supercup her, wo ich gegen Omsk, Kasan und Magnitogorsk gute Leistungen brachte und mir dort einen Namen machte.

Ambrì gegen Omsk
Ambrì gegen Omsk: 1998 gewannen
die Tessiner in Kosice den Continental-Cup.
Jaks wechselt nun das Dress.
In dem Fall gab es also keine Probleme mit der Familie bei diesem Entscheid. Kommt sie denn mit nach Omsk oder bleibt sie in der Schweiz?
Nein, sie kommen etwa in einem Monat nach. Und der älteste Sohn ist erst fünf, da gibt es noch keine Probleme wegen der Schule.

Die russische Liga gilt mittlerweile als die reichste nach der NHL und mit Abramovich steht ein Milliardär hinter euch. Hatte das den Wechsel beeinflusst und wird dies deine einkommensreichste Saison?
Ich bin zufrieden dort zu spielen, vor allem aber wegen dem Sport. Ich kam in erster Linie nicht wegen dem Lohn oder weil Abramovich dort ist. Es ist eine super Liga und eine super Mannschaft. Ich kann auch noch das Super Six-Turnier erleben, worauf ich mich freue. Der Lohn ist meine persönliche Sache, aber ich habe unterschrieben und kann deshalb damit zufrieden sein.

Dich erwartet nun ein neues Umfeld, eine neue Kultur und mit bis zu minus 30 Grad sogar kältere Temperaturen als in der Valascia. Bist du gut auf die neue Situation eingestellt?
Es ist alles tiptop. Ich war im Frühling in Omsk, es ist eine grosse Stadt und man hat alles was man braucht. Ich bin sehr zufrieden eine neue Kultur kennen zu lernen. Wir sind bereit für das. Im Moment ist es sehr warm dort und im Winter wird es halt kalt, dann können wir wohl nicht mehr so einfach spazieren gehen. In der Valascia wurdest du wenigstens noch vom Spielen her warm. Ich werde es noch kennen lernen und habe warme Kleidung im Gepäck.

Besten Dank für das Interview und alles Gute in Russland!


Background-Archiv