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NL-Versammlung: Zusammenfassung und Stimmungsbericht

Von Urs Berger


An der heutigen Gesellschafter-Versammlung der Nationalliga GmbH in Zug ging es für einige Klubs um die Existenz und ums nackte Überleben. Diese Tatsache schien die anwesenden Klubvertreter im Saal "Cham" nicht zu interessieren und sie beerdigten den Antrag des EHC Basel auf eine sportlich gerechte Ausmachung, wie seit 16 Jahren (!) üblich, ohne grosse Diskussion und in einer geheimen Abstimmung. Ebenfalls wurde der Antrag des HC Sierre für eine neue Ausländerregelung von den NLB-Clubs mit 10:10 Stimmen abgelehnt, da bei Stimmengleichheit das alte Regulativ in Kraft bleibt. Anders der entsprechende Antrag des HC Lugano, der von den NLA-Vertretern mit 23:15 Stimmen angenommen wurde.


Antrag Basel zum "sportlichen Abstieg"
Geheimabstimmung! Vermutlicher Befürworter: Basel, Langnau, Langenthal, Ajoie, Lugano, Chur, Olten

Antrag Lugano zu den EU-Ausländern
ClubJaNein
AmbriX 
BaselX 
BernX 
DavosX 
Fribourg X
ServetteX 
Kloten X
LausanneX 
LuganoX 
Rapperswil X
SCL TigersX 
ZSC Lions X
Zug X

Antrag Lugano U21-Kontingente
ClubJaNein
Ambri X
BaselX 
BernX 
Davos X
Fribourg X
Servette X
Kloten X
LausanneX 
LuganoX 
Rapperswil X
SCL TigersX 
ZSC Lions X
Zug X

Antrag Sierre zu den EU-Ausländern
ClubJaNein
Ajoie X
BielX 
La Chaux-de-FondsX 
Chur X
GCK Lions X
Langenthal X
Olten X
SierreX 
ThurgauX 
VispX 
Der heutige Tag in Zug wird in die Geschichtsbücher des Schweizer Eishockeys eingehen. Noch nie wurde in der Eishockey-Neuzeit das Recht auf eine sportliche Ausmachung des Abstieges so massiv mit Füssen getreten wie heute. Bereits im Sommer wurde ein ähnlicher Antrag wenig weitsichtig abgelehnt. Die Ausgangslage war eigentlich allen Beteiligten im schmucken Saal "Cham" in Zug klar. Es ging um die Zukunft verschiedener Klubs, welche in der Nationalliga A in den Strichkampf verwickelt sind. Sechs Runden vor Schluss ist der Strichkampf immer noch nicht entschieden und die Plätze, welche die Relegationsrunde bedeuten, sind noch nicht alle vergeben. Diese muss bekanntlich auch noch jeder, der unter den letzten fünf ist, zuerst bestreiten. Nach dieser, mit der Formel Hin- und Rückrunde ausgetragener Serie, steigt der Letztplatzierte direkt in die Nationalliga B ab. Dies ist krass im Widerspruch zu den in den letzten 16 Jahren geltenden Regeln, in welcher die Letztplatzierten Klubs immer - selbst bei einer Ligareduktion - eine Möglichkeit hatten, gegen den oder die besten Klubs der NLB anzutreten.

Ueli Schwarz, der Berater des EHC Basel, schien solches Unheil kommen zu sehen. In einer flammenden Rede vor den versammelten Gesellschaftern und den zahlreich Anwesenden Medienvertretern, appellierte er noch einmal an die Vernunft der Vereine und deren Abgeordneten. Der Tenor in seiner gut fünfminütigen, emotionalen Rede war, dass der EHC Basel an diesem ganzen Dilemma unschuldig sei, die Fehler bereits in der mehr als denkwürdigen Telefonkonferenz im letzten Jahr begangen wurden. Damals habe man zu überhastet und zu schnell auf den Fehler eines einzelnen Klubs reagiert und die Playouts, obwohl der Lausanne HC dazu bereit gewesen sei diese zu spielen, gestrichen. Er wolle jedoch die Schuld nicht nur einem Klub zu schieben, sondern alle Gesellschafter seien in dieser Entscheidungsfindung integriert gewesen.

Der Verwaltungsratspräsident der Basler, Michael Geiger, stiess in die gleiche Richtung. Man solle doch bedenken, dass man als Gesellschafter nicht einfach einen Klub ohne direkten Vergleich in die NLB absteigen lassen könne. Ebenfalls verwies er auf die verschiedenen Fragestellungen, welche der EHC Basel im Vorfeld dieser Versammlung zugesandt hatte.

In der darauf folgenden offenen Diskussion, angeführt vom ZSC-Lions-Sportdirektor Simon Schenk und dem Thurgau-Boss Felix Burgener, wurde immer wieder auf die Glaubwürdigkeit der Liga hingewiesen. Die Argumentationen seien bekannt und man könne ein laufendes und gültiges Reglement nicht einfach in der laufenden Meisterschaft ändern. Diese Aussagen schienen bei den meisten Klubs auf Zustimmung zu stossen, obwohl man in der Telefonkonferenz vor einem Jahr den geltenden Spielbetrieb mit Füssen trat, selbst der "Leitwolf" aus Oerlikon für die Abschaffung des Abstiegs 2003 stimmte - heute sollte mit der Bestätigung des direkten Abstiegs das andere, bedrohlichere Extrem folgen. Einzig der HC Lugano, vertreten durch Beat Kaufmann, verwies mit aller Vehemenz darauf hin, dass man mit der Ablehnung des Antrages vom EHC Basel einen Klub in den Ruin stürzen könne. Doch seine Worte verhallten ungehört im Saal und wurden nicht als Argument aufgenommen. Allgemein redeten sich die Gesellschafter gegenseitig an die Wand, Argumente wurden kaum wahrgenommen, ein richtiger Dialog entstand nicht. Dafür herrschte unter vielen Gesellschaftern der Anschein, dass man über einen Abstieg von Basel aus der NLA froh wäre und handelte entsprechend. Der Antrag des EHC Basel auf einen sportlich "richtigen" Abstieg wurde mit 42:16 Stimmen abgeschmettert.

Nachdem die Abstimmung über die Zukunft des EHC Basel oder eines anderen, unmittelbar in den Abstiegskampf verwickelten Klubs, entschieden war, wurde zum nächsten Traktandum gewechselt, der Vorschlag des HC Lugano und des HC Sierre. Der Präsident der Nationalliga GmbH, Franz A. Zölch, erklärte noch einmal die Vor- und Nachteile der aktuellen Ausländerregelung, verwies auf die gängigen Praktiken in den wichtigsten Ligen in der Europäischen Union und liess die möglichen Lösungsansätze Revue passieren. In der nun folgenden Diskussion wurden die Pros und Kontras wiederum abgewogen. Zeitweise gingen bei einigen Teilnehmenden die Emotionen hoch und es wurde angeregt diskutiert. Es fiel jedoch auf, dass die ewigen "Nein"-Sager zu einer Öffnung der Ausländer-Beschränkung in der Minderheit waren. So konnte sich der ZSC-Spotchef Simon Schenk mit seinem Votum für die Beibehaltung der Regelung ebenso wenig durchsetzen, wie der Fribourg-Gottéron-Vertreter Roland von Mentlen, der in einer flammenden Rede noch einmal versuchte, bereits gebildete Meinungen zu ändern.

Der Präsident der Nationalliga GmbH versuchte nun, die beiden Anträge der Klubs aus Lugano und Sierre zu vereinigen, damit man in einer Abstimmung ein Ergebnis erreichen konnte. Sein Vorschlag war, dass man in der NLA und in der NLB eine 3+1 respektive eine 2+1 Regelung einführen könnte. Doch sein Antrag wurde abgelehnt und die beiden Ligen stimmten einzeln über die Ausländerzahl der nächsten Saison ab. In der Folge erreichte Lugano in der NLA eine Erhöhung der spielberechtigten Ausländer um einen EU-Spieler (2005/06 zwei zusätzliche EU-Spieler) und der HC Sierre scheiterte mit dem erdenklich knappen Resultat von 10:10 Stimmen, da in einer Patt-Situation die geltende Regelung beibehalten wird.

Abschliessend ist zu sagen, dass einige Klubvertreter mit den heutigen Traktanden und den gemachten Vorschlägen überfordert waren. Auffallend war auch, dass die Liga nicht in der Lage war, sich mit den verschiedenen Argumenten richtig auseinander zu setzten. Noch immer sind sich die Gesellschafter nicht im Klaren, dass man den Auf- oder Abstieg nicht nur im sportlichen Bereich erfüllen muss, es zählen ebenfalls die wirtschaftlichen. Die Differenz zwischen der NLA und der NLB wird grösser und wurde nun verschärft. Die Zukunft der Liga wird in den nächsten Jahren von weiteren, engsichtigen, widersprüchlichen und nicht nachvollziehbaren Entscheiden geprägt sein, welche immer wieder mit Gegenentscheiden revidiert werden müssen. Nach der Versammlung sagte ein total enttäuschter Ueli Schwarz, es wäre doch nun besser, wenn sich die bestehenden NLA-Vereine in eine geschlossene Liga zurückziehen und dann ihr eigenes Züglein fahren würden. Wie Recht er doch mit einer solchen Aussage hat. Die Clubs haben es verpasst, rechtzeitig die Situation zu planen. Nun musste ein Fehlentscheid (Beibehaltung der Ausländerregelung vom November) korrigiert werden, ein anderer (unprofessionelle Modusplanung im Sommer) wurde beibehalten. Es lebe die Bananenrepublik Schweiz!





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