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Beat Kaufmann über Partnerteams

Von Philipp Brunold, ehcfans.ch


ehcfans.ch hatte die Möglichkeit mit Beat Kaufmann, Präsident der HC Lugano SA und VR der EHC Chur Sport AG, ein Interview zu führen.



 
 
ehcfans.ch: Zunächst einmal herzliche Gratulation zum Titel des Schweizermeisters. Wie fühlt man sich als amtierender Meister?

Beat Kaufmann: Sehr gut; Lohn und Befriedigung für viel Arbeit. Ich habe das Glück mit diesem Titel das neunte Mal sehr nahe am Geschehen zu sein. Die Gefühle sind immer noch sehr schön und angenehm. Jeder Titel hat mir aber auch Neues lernen lassen. Eines ist aber immer das Alte geblieben. Nur das Beste "Zusammen" gewinnt! Die Mannschaft - das Team auf und neben dem Eis!
 
 
Welches sind Ihre nächsten Ziele?

Da habe ich sehr viele! 1. Die Titelverteidigung. 2. Ein weiteres wichtiges internationales Turnier mit einer guten Beteiligung unserer Mannschaft organisieren. 3. Mithelfen das "neue" Chur aufsteigen zu lassen! Wohlverstanden nicht in die Nationalliga A. Dafür als Top-Club in der B; erste Adresse für junge Spieler, gute Zusammenarbeit mit dem HC Lugano auf allen Ebenen. Wer aus Chur ist, darf sich auch als Teil des HC Lugano fühlen. Und wer auch Lugano ist, darf sich als Teil des EHC fühlen. 4. Mithelfen Reformen in der NL durchzubringen. Wir sind nicht mehr zeitgerecht. Die richtigen sportpolitischen Entscheide für die NLA und für die NLB müssen dringend gefällt werden. 5. Es muss ein Projekt "Weltmeister in 10 Jahren " gestartet werden! Was müssen wir heute tun, um in 10 Jahren Weltmeister zu sein? Eines ist sicher, wenn wir nichts tun, werden uns die anderen davonziehen. Wenn wir das richtige tun, werden wir mithalten und aufholen...
 
Die Schweiz als Weltmeister in 10 Jahren - Beat Kaufmanns Visionen

Von Martin Merk, Rückblick aus den News vom 3. September 2002

Der HC Lugano schlug im Mai 2002 in einem Rundschreiben an die Clubs und den Verband eine Liga-Reform unter dem bescheidenen Motto "Weltmeister in 10 Jahren" vor.
Der Inhalt: Es brauche eine oberste Liga, die mit europäischen Spitzenligen mithalten kann und eine Ausbildungsliga, die nicht in der heutigen Form der NLB existieren kann.
Im zehnseitigen Brief wird kritisiert, dass man mit dem heutigen System mit Auf- und Absteigern die schwächeren Teams durch betriebswirtschaftlichen Planungschwierigkeiten nur noch schwächer mache, bis es irgendwann keine Aufsteiger mehr geben werde. Deshalb soll der sportliche Auf- und Abstieg nach den Reform-Plänen abgeschafft und die NLB als Ausbildungs- und Farmteam-Liga neu ausgerichtet werden. Im Text wird es für die NLB-Teams in Zukunft unrealistischer angesehen, mit diesem Modus überhaupt aufsteigen zu können, da die Ligen sportlich und finanziell immer mehr auseinanderklaffen. Zur Ergänzung und damit man genug Teams hat, sollen auch ausländische Mannschaften und damit neue Märkte aufgenommen werden. Denn auch die Anzahl Teams soll erhöht werden, vorerst auf 14 Teams, was auch mehr Spiele gäbe: 52 statt 44 in der Qualifikation.
Das Thema soll angeblich im November mit Clubs und Verband diskutiert werden und die Reform wurde im Brief - wohl viel zu kurzfristig - bereits für die Saison 2003/04 geplant, also in einem Jahr!
Klaus Zaugg, Buch-Autor und Eishockey-Chef der Zeitung "Blick" hat den Verband mit dem Inhalt dieses Briefes an der Vorsaison-Medienkonferenz konfrontiert. Dem Nationalliga-Präsidenten Franz A. Zölch sei dieser Antrag des HC Lugano in ähnlicher, wenn auch nicht in dieser Form bekannt. "Der Antrag wird wie jeder Antrag diskutiert, aber für die Saison 2003/04 wird es auf keinen Fall so eine Reform geben. Wir möchten keine Schnellschüsse." Ausserdem möchte man, nicht wie der Eindruck entsteht hinter verschlossenen Türen diskutieren, sondern auch die Öffentlichkeit miteinbeziehen. Im November sollen die Clubs diesen Brief an einer Versammlung besprechen.
Pikant: Lugano setzt sich schon seit mehreren Jahren etwa für die Aufnahme ausländischer Teams ein, zuletzt diesen Frühling mit der geplanten Aufnahme von Milano in die Nationalliga B. Die Aufnahme auf Probe wurde von den Nationalliga-Clubs sogar angenommen, am Schluss stand nur der italienische Verband im Weg.
Ob diese Idee des HC Lugano überhaupt eine Chance hat, also nichts weiter als ein Antrag bleibt oder ob die ewigen Diskussionen der "Profiliga" ein anderes Ende finden als vor einigen Jahren, könnte sich schon bald weisen.

 
Nun zum EHC Chur: Seit geraumer Zeit sind Sie und weitere Kadermitglieder des HC Lugano im VR der EHC Chur Sport AG. Was hat Lugano dazu bewogen, dem EHC zu helfen, insbesondere finanziell (sprich Beteiligung am Aktienkapital)?

In der heutigen Zeit gibt es zwei Kategorien von Clubs in der NL. Die Clubs, die Budgets über 6 Mio CHF finanzieren können und die, die das eben nicht können. Chur gehört zur Zeit eindeutig zur Gruppe 2. Das heisst nicht, dass diese Clubs im Schweizer Eishockey nichts zu sagen haben; im Gegenteil: gerade diese Clubs werden in den kommenden 10 Jahren eine sehr wichtige Aufgabe bei der Förderung unseres Eishockeys haben. Die jungen Spieler müssen, zu jeder Zeit und so oft wie notwendig in und aus der NL A transferiert werden können. Chur hat in Zukunft die Aufgabe auszubilden, vorzubereiten, Personalmangel in der A zu glätten und attraktives Hockey zu spielen. Die alten Traditionen sollen aufleben - junge Spieler aus Chur sind bekannt und vielversprechend jetzt haben sie auch wieder die Möglichkeit die Treppe bis zu oberst zu steigen ohne die "Familie" verlassen zu müssen. Junge Spieler aus Lugano sollen ihre Chance in Chur bekommen, um zu zeigen, ob sie bereit für die NL A sind.
Alles dies scheint uns wertvoll und förderungswürdig. Ich hoffe auf die Unterstützung der ganzen Hockeyfamilie aus Chur.
 
 
Wird nun in Chur die Philosophie des HC Lugano Einzug nehmen oder bleibt alles so wie es ist?

Weder noch! Die Philosophie der Förderung der jungen Spieler in der 1. Mannschaft gemischt mit attraktivem Hockey; das ist neu für Chur und für Lugano!
 
 
Wie sieht die Zusammenarbeit zwischen dem HC Lugano und dem EHC Chur genau aus und was erhoffen Sie sich von dieser Zusammenarbeit?

Zwei Gegenden, die sich näher kommen. Zwei Sprachen, die sich näher kommen. Jeder kann von jedem lernen.
Zwei selbständige Traditionsclubs, die die Zeichen der Zeit gelesen und verstanden haben. Zwei Clubs die wissen, zusammen sind wir stärker und erzeugen innere neue Energie - Energie der jungen Spieler. Bessere Möglichkeiten für die Spielerentwicklung. Junge vielversprechenden Spieler aus Chur und Lugano sollen in Chur sich bestätigen und in Lugano die verdiente Chance bekommen. Wer weiss, vielleicht in einigen Jahren mit einem weiteren Doppel-Schweizermeister!
Wer hätte dies in der vergangen Saison geahnt?
Bravo EHC! Dein Erfolg in diesem Jahr war viel wichtiger als wir alle heute glauben können.
 
 
Bei einigen Fans des EHC Chur machen sich gewisse Ängste breit, dass die Zusammenarbeit etwa in die Richtung wie bei den ZSC Lions und den GCK Lions gehen könnte... Sind diese Ängste berechtigt oder vollkommen fehl am Platz?

Der EHC bleibt sebstständig. Er soll seine Fans mit Leistungen begeistern. Er soll Club bleiben wie er ist. In Zukunft sollen junge Spieler aus unseren Nachwuchsorganisationen in den Teams spielen! Wir wissen heute aber auch, dass dies nicht immer zu 100% möglich ist. Eines aber wollen wir bleiben, eine Familie...
 
 
Wie schon zu vernehmen war, spielen in der kommenden Saison einige junge Spieler, welche Lugano gehören, beim EHC Chur. Wird evtl. auch mal ein gestandener Spieler des 1.Kaders zu Chur stossen oder sind es ausschliesslich Spieler aus der Juniorenabteilung und solche, die bei anderen Klubs "parkiert" wurden?

In der Regel sollen es entwicklungsfähige Spieler sein; Ausnahmsweise könnten es auch Spieler sein, die aus einer Verletzung kommen und Spielpraxis brauchen; Ausnahmsweise könnte es auch ein gestandener Spieler sein.
Vergessen wir eines nicht, für einen jungen Spieler gibt es nichts besseres als mit besseren erfahreneren Spieler spielen zu können.
 
 
Bezüglich Ausländerfrage: Stellt der HC Lugano dem EHC Chur die Ausländer und werden die bei einem allfälligen Ausfall einer Ihrer Ausländer nach Lugano geholt oder wie sieht das aus?

Dies könnte eine Möglichkeit sein. Dies ist jedoch nicht das Hauptziel. Wir werden dort zusammenarbeiten wo es sinnvoll ist, wir werden jedoch keine Mannschaft demontieren. Der Kern der Mannschaft wird immer bestehen. Die Fans müssen uns etwas Zeit lassen und Geduld haben. Ich bin zuversichtlich, dass es in Chur ein guter und attraktiver Start in die neue zeit geben wird.
 
 
Wie wird sich, Ihrer Meinung nach, der EHC Chur in der kommenden Saison in der NLB schlagen?

Dies ist zur Zeit sehr schwierig zu sagen. Ich meine besser als alle erwarten.
 
 
Wird man Sie in Chur nur an den Vorstandssitzungen antreffen oder ab und zu auch mal im Stadion bei einem Spiel?

Mann wir mich öfters in Chur sehen. Und wenn ich es nicht bin, dann wird es jemand von der Technik des HC Lugano sein. Der Infoaustausch wir sehr intensiv sein unter den Techniker.
 
 
Wie sehen Sie die Zukunft des EHC Chur in der Schweizer Eishockeylandschaft?

Als absolutes Top Farmteam des HC Lugano nach unseren neusten Ideen für die Liga.
 
 
Zum Schluss noch einige Stichworte:

HC Lugano: Schweizermeister
EHC Chur: Schweizermeister
Geo Mantegazza: Der grösste und wichtigste Freund des CH-Eishockeys
Milano: Unverständlich, dass wir sie nicht wollen!
Guyaz: Diskreter Top-Verteidiger
SEHV: Reformbedürftig
WM in Finnland: Super-Event - das Finalspiel war jedoch Finnland-Schweden und wurde im ¼ Final gespielt

An dieser Stelle einen herzlichen Dank an Beat Kaufmann, welcher sich die Zeit für ein Interview genommen hat.



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